Aufhebungsvertrag unterzeichnen? Was hierzu wichtig zu wissen ist
- Arbeitsrechtskanzlei Aurel Welz

- 16. März
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 30. Aug.
Wer als Arbeitnehmer (m/ w/ d) signalisiert bekommt, dass sich die Arbeitgeberseite vom Arbeitsverhältnis lösen möchte, sieht sich als rechtlicher Laie mit Fragen konfrontiert, die er nicht selbst beantworten kann oder deren Folgen für ihn zumindest undurchsichtig sind. Umgekehrt verfügen Arbeitgeber (m/ d /w) und Personalabteilungen - wenn es sich nicht ausnahmsweise um ein neu gegründetes Unternehmen handelt - meist über Vorerfahrungen und die Kenntnis, wie man sich von Arbeitnehmern (möglichst kostengünstig) löst. Hier kommen sehr oft die Stichworte "Aufhebungsvertrag" und "Abwicklungsvertrag" ins Spiel.
Zum Hintergrund: Eine Kündigung ist der Versuch einer der Parteien, sich einseitig von einem bestehenden Arbeitsvertrag mit seinen Rechten und Pflichten zu lösen. In einem nicht wirksam beendeten Arbeitsverhältnis hat der Arbeitgeber hat das Recht, sein Weisungsrecht mit Blick auf die tägliche Arbeit des Arbeitnehmers auszuüben, der Arbeitnehmer hat jedoch auch ein Recht, beschäftigt und bezahlt zu werden. Wenn der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer freistellt, obwohl er vertraglich zur Beschäftigung verpflichtet wäre, muss er ihm für diese Zeit das Gehalt, was er infolge der Freistellung nicht zahlen musste ("ohne Arbeit kein Lohn") als Annahmeverzugslohn zahlen und auch die Lohnnebenkosten tragen (normalerweise bis zu 23 % des Bruttogehalts). Dieses Risiko effektiv zu verhindern oder geringzuhalten, ist das maßgebliche Interesse der Arbeitgeberseite.
Weil es in Deutschland viele Regelungen gibt, die den Arbeitnehmern bei Kündigungen starke Rechte verleihen, versuchen Arbeitgeber, die sich von einem Arbeitnehmer lösen wollen, normalerweise, dem Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag zur Unterschrift vorzulegen: Der Arbeitgeber weiß genau, welches Angebot er machen will und er kann frühzeitig ohne eigenes Risiko verhandeln. Wenn die Unterschrift des Arbeitnehmers unter dem Dokument ist, ist er einen Großteil seiner finanziellen Sorgen los. Von einem "Abwicklungsvertrag" spricht man insofern nur, wenn parallel bereits eine Kündigung ausgesprochen wurde.
Der Arbeitgeber darf zwar formaljuristisch so viele Kündigungen aussprechen wie er will - ist gemäß den Vorschriften des deutschen und europäischen Arbeitsrechts außerhalb einer freiwilligen Vereinbarung ("Vertragsautonomie") mit dem Arbeitnehmer aber inhaltlich regelmäßig nicht ohne Weiteres berechtigt, das Arbeitsverhältnis - und damit seine Pflichten zur Beschäftigung und Bezahlung - einseitig zu beenden. Wenn er eine Kündigung ausspricht, begibt er sich in unsicheres Fahrwasser, wenn keine validen Rechtsgründe vorliegen: Er weiß nicht, ob der Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht erheben wird. Wenn das nicht passiert ist er zwar nach Ablauf von drei Wochen wiederum auf einen Schlag einen Großteil seiner Sorgen los. Wenn der Arbeitnehmer jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht erhebt, steigt das wirtschaftliche (konkret: finanzielle) Risiko für Arbeitgeber erheblich - zum Verhandlungsrisiko tritt dann auch noch das Risiko von Kosten für die Rechtsverfolgung vor den Arbeitsgerichten, ggf. über mehrere Instanzen. Arbeitsgerichte urteilen aus Sicht von Arbeitgebern oft "arbeitnehmerfreundlich" - maßgeblich ist insofern die Einschätzung des Berufsrichters und der beiden Laienrichter (wenn die Sache noch nicht vor dem Bundesarbeitsgericht verhandelt wird).
Arbeitgeber bieten, um das vostehend skizzierte Risiko zu umschiffen, im Normalfall eine außergerichtliche Einigung an, um zu einer wirksamen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu kommen. Bei geringer Betriebszugehörigkeitszeit kann das etwas wie 1 - 2 Bruttomonatsgehälter Abfindung, Verschwiegenheitsklausel, Entschädigungslose Aufhebung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes, Zeugnis mit der Note "gut" u.Ä. beinhalten. Oft beziehen Arbeitnehmer bei der Bewertung solcher Angebote nicht mit ein, dass sich Aufhebungsverträge bei der Agentur für Arbeit in vielen Fällen leistungshindernd und leistungsmindernd auswirken: Wer einen Aufhebungsvertrag unterschreibt verliert in der Regel nicht nur einen Anspruch auf Arbeitslosengeld für die ersten drei Monate der Arbeitslosigkeit (sogenannte "Sperrzeit", § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGB III:"Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, 1. wenn die oder der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe)"). Vielmehr mindert sich auch der Anspruchszeitraum um mindestens ein Viertel (§ 148 Abs. 1 Nr. 4 SGB III: "Die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld mindert sich um die Anzahl von Tagen einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe; in Fällen einer Sperrzeit von zwölf Wochen mindestens jedoch um ein Viertel der Anspruchsdauer, die der oder dem Arbeitslosen bei erstmaliger Erfüllung der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, zusteht,").
Beispiel: Ein 48-Jährige Arbeitnehmer (m/w/d) unterschreibt einen Aufhebungsvertrag im Wesentlichen zu den Konditionen des oben beschriebenen Beispiels. Er war innerhalb der letzten 30 Monate vor dem Antrag auf Arbeitslosengeld 12 Monate als Arbeitnehmer beschäftigt. Normalerweise hätte er einen Anspruch auf 12 Monate Arbeitslosengeld gehabt (unter 50 Jahre alt und Arbeitsverhältnis, das zwei Jahre lang bestanden hat; vgl. hierzu § 147 SGB III). Durch die Unterschrift unter seinen Vertrag wird dieser Anspruch durch seine Unterschrift unter dem Aufhebungsvertrag faktisch auf 6 Monate herabgesetzt (vgl. § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGB III und § 148 Abs. 1 Nr. 4 SGB III). Insofern stellt sich die Frage der Wirtschaftlichkeit, wenn man - wie im skizzierten Beispiel - 2 Bruttomonatsgehälter Abfindung mit 6 Monaten Anspruch auf Arbeitslosengeld ins Verhältnis setzt.
Ob und wie lange der Arbeitnehmer Arbeitslosengeld erhält, lassen Arbeitgeber als Position, die ausschließlich dem Verhandlungsrisiko der Arbeitnehmer zuzuordnen ist, normalerweise unter den Tisch fallen. Insofern bewirken von Arbeitnehmern unterschriebene Aufhebungsverträge regelmäßig wirtschaftliche Wunder - sind für erfahrene Arbeitgeber also das Mittel der Wahl, um zum Erfolg zu gelangen. Arbeitnehmern ist hingegen immer zu raten, nicht vorschnell einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben, da sich die Rechtsfolgen im Nachhinein nur in seltenen Ausnahmefällen noch modifizieren lassen. Die Unkenntnis wirtschaftlich vorteilhafter oder nachteiliger Positionen ist - abgesehen von extremen Ausnahmefällen - für Arbeitsgerichte in Deutschland regelmäßig kein hinreichendes Argument, um von einer wirksamen Anfechtung eines Aufhebungsvertrages auszugehen.